Geschichte von Erprobungssystem und Behelfen

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Die Geschichte der WiWö-Behelfe ist lang und reicht schon Jahre zurück. Im Herbst 2005 hat sich der WiWö-Bundesárbeitskreis am Sonderarbeitskreiswochenende intensiv mit der Entstehungsgeschichte der Behelfe und den schlussendlichen Ergebnissen auseinandergesetzt. Wir haben also ein ganzes Wochenende lang das Erprobungssystem, das Kinderbuch, das Spezialabzeichenheft und den LeiterInnenbehelf auf Herz und Nieren geprüft, analysiert, hinterfragt und die Hintergründe kennen gelernt.

Jedenfalls kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass alle unsere Stufenmaterialien bis ins kleinste Detail durchdacht und Teil eines Gesamtkonzepts sind. Richtig eingesetzt und verwendet sind sie somit optimal, um das Stufenziel der WiWö zu erreichen – und das ist ja das, was wir alle wollen – oder? Und was vor allem das spannende an dem Sonderarbeitskreiswochenende war: Auch "KritikerInnen aus den eigenen Reihen" kamen zu diesem Schluss.

Hier sind nun die wesentlichen Erkenntnisse, sowie Historie und Hintergründe zu Erprobungssystem und Behelfen, wie diese ineinander greifen und einige Tipps für den Einsatz, die sich auch zum Teil im LeiterInnenbehelf wiederfinden.


Wie das heutige Erprobungssystem entstand

Anfang der 90-er-Jahre erschienen andere Erprobungskarten zum ersten Stern und zweiten Stern basierend auf einem überarbeiteten Erprobungssystem, das viele Neuerungen beinhaltete. Die wesentlichste Neuerung bestand darin, dass aufgrund der Erkenntnisse moderner Pädagogik das Erlernen von sozialer Kompetenz als wichtiger angesehen wird, als das einfache Erlernen von Fähigkeiten. Daher sollte bei der Umsetzung des Erprobungssystems das Arbeiten mit der gesamten Meute/dem gesamten Volk im Vordergrund stehen, denn damit ist für die Kinder das Erlangen von sozialer Kompetenz beinahe automatisch verbunden.

Das neue System sollte daher wegführen von individuellen Prüfungssituationen, wie das Abprüfen von Wissen durch Tests oder Gespräche, und stattdessen hin zum gezielten gemeinsamen Erleben und Lernen in der Meute/dem Volk und das spielerische Wiederholen und Überprüfen des Gelernten.

Auf den Erprobungskarten wurden durchgängig zeitgemäße "Ich"-Formulierungen verwendet, und gemäß unserem Wahlspruch "So gut ich kann" die Erfordernisse den Fähigkeiten des einzelnen Kind angepasst.

Es sollte bewusst nicht schwer sein, den 1. und 2. Stern zu erreichen, darum wurden die Erprobungen verkürzt und ausgedünnt. Das bisherige Wahlpunktesystem fiel weg, da die Spezialisierung innerhalb der Spezialabzeichen stattfinden sollte. Spezialinhalte wanderten darum ebenfalls in das Spezialabzeichensystem, wo gleichzeitig ein wesentlich größeres Angebot an "Spezis" geschaffen wurde. Diese wurde konsequent nach Herz-Hirn-Hand und nach den Schwerpunkten aufgebaut und inhaltlich modernisiert. Für besonders eifrige gibt es seither besondere Auszeichnungen, wie "Tausendsassa" und "SpezialistIn".


Die Geschichte der Behelfe

Kinder- und Erwachsenenbehelfe sind sehr eng verbunden mit dem Erprobungssystem und dem Ausbildungssystem für LeiterInnen. Beides wurde in den 90-er Jahren überarbeitet, sodass sich schon alleine daraus die Notwendigkeit ergab die Behelfe zu überarbeiten.

Auch am alten WiWö-Behelf, der ja viele Jahre unverändert überdauert hatte, gab es mittlerweile Kritik, dass Inhalte nicht mehr zeitgemäß wären, das Buch insgesamt zu "burschenlastig" war, sowie als Vermischung von Erwachsenen- und Kinderbuch nicht sonderlich kindgerecht geschrieben und gestaltet war.

Außerdem bestand der große Wunsch die Behelfe - und hier vor allem das Kinderbuch - in die Rahmengeschichten der Wichtel und Wölflinge "Das Dschungelbuch" und "Puck sucht ihren Namen" einzubetten, allzumal ein neuer Rahmengeschichtebehelf in Vorbereitung gewesen war, der nun gleich in die neuen Behelfe einfließen sollte.

Es wurde nun ein neues Kinderbuch erarbeitet, das im Vergleich zum alten Behelf wenig geschriebenen Inhalt hat. Inhalte werden mit für Kinder ansprechenden Bilder vor allem visuell umgesetzt. Farbe wird punktiert eingesetzt und Bilder können ausgemalt werden.

Die Bilder sind Teil der pädagogischen Umsetzung und haben zumeist eine Botschaft. Die Eigenschaften der Charaktere Puck und Mogli sind wichtig für die Aussage der Bilder, und es wurde Augenmerk darauf gelegt, welcher von beiden Charakteren sich wohl wie in konkreten Situation verhalten würde.

Das neue Kinderbuch ist nur bedingt ein Sach- oder Arbeitsbuch, sondern hauptsächlich ein Buch, das zum Tun und zum Gespräch anregt. WiWö sollen ermutigt werden sich mit den Erprobungen kindgerecht zu beschäftigen, und dann Fragen aber auch Forderungen zum Programm an die LeiterInnen stellen. Die Berücksichtigung dieser Bedürfnisse der Kinder stellt natürlich eine gewisse Herausforderung für LeiterInnen dar, ist jedoch ein wichtiger Beitrag zur gelebten Demokratie bei Wichtel und Wölflingen.

Da das Kinderbuch lange Zeit vor dem LeiterInnenbehelf fertig war, blieb es bei der Erscheinung jedoch weitgehend unerklärt, und Hilfestellung für die Fragen der Kinder und umfassende Informationen für die LeiterInnen gab es erst später. Heute stehen alle Arbeitsmaterialien vollständig zur Verfügung und bilden mit Erprobungssystem und Ausbildungssystem ein großes Ganzes.

Das Kinderbuch "Der Wichtel- und Wölflingsweg"

Das Kinderbuch ist ein Buch speziell für deine Wichtel und Wölflinge, und soll zum Tun und zum Gespräch anregen. Sie sollen ermutigt werden sich mit den Erprobungen kindgerecht zu beschäftigen, und dann Fragen aber auch Forderungen zum Programm an dich als LeiterIn stellen. Die Berücksichtigung dieser Bedürfnisse der Kinder stellt für dich natürlich eine gewisse Herausforderung dar, ist jedoch ein wichtiger Beitrag zur gelebten Demokratie bei Wichtel und Wölflingen.

Die ersten Seiten "Dein Weg zum Versprechen", haben jeweils ein buntes Eckerl. Diese Eckerl können zu einem Bild auf der Versprechensurkunde zusammenklebt werden – und zwar immer dann, wenn das Kind die jeweilige Aufgabe erfüllt hat oder wenn ihm etwas erklärt wurde. Diese Versprechensurkunde ist übrigens auch separat erhältlich für Kinder, die kein Buch besitzen, oder wenn sie ihres nicht zerschneiden wollen.

Das Buch ist nach dem Erprobungssystem aufgebaut, und daher nach den 8 Schwerpunkten und den einzelnen Erprobungspunkten gegliedert. Die Inhalte der Erprobungen sind im Buch zumeist visuell umgesetzt, das heißt die Bilder sollen Kinder ansprechen und haben meist eine Botschaft. Diese Bilder können auch ausgemalt werden, und einige Seiten dürfen die Kinder auch ganz bewusst selbst gestalten.

Das Kinderbuch ist nur bedingt ein Sach- oder Arbeitsbuch, und nicht wie Lernbücher aus der Schule zu verwenden. Darum ist es auch nicht notwendig alle WiWö zu verpflichten, dieses Buch zu besitzen. Je mehr Kinder es jedoch verwenden und je eher du ihre Eltern ermutigst das Buch zu kaufen, desto größer ist die Chance, dass sich deine WiWö mit den Erprobungen und ihren Aufgaben beschäftigen. Freue dich auf die Rückmeldungen, die du erhältst und auf die Fragen und Wünsche, die deine Kinder haben, wenn sie "ihr" Buch lesen.

Das Kinderbuch erschien 1997 und wurde am BuLeiLa in Niederösterreich präsentiert

Das Spezialabzeichenheft "Unsere Spezialabzeichen"

Das System der Spezialabzeichen als Teil des Erprobungssystems dient der Förderung der individuellen Fähigkeiten deiner WiWö. Dazu gibt es ein – speziell an die Kinder gerichtetes - Büchlein "Unsere Spezialabzeichen". Dieses ist nach den acht Schwerpunkten mit einem Farbleitsystem und Griffecken aufgebaut. Jede Doppelseite zeigt einen Schwerpunkt, zu dem es jeweils vier Vorschläge für Spezialabzeichen gibt. Außerdem sind natürlich auch freie Spezialabzeichen möglich, die sich das Kind ausdenken kann und gemeinsam mit dir erarbeitet.

Jedes Spezialabzeichen besteht aus drei Aufgaben, die jeweils Herz, Hirn und Hand ansprechen sollen. Die Aufgaben dazu sind Anregungen, sollen von allen Kindern zu bewältigen sein und sind den Bedürfnissen und dem Wissensstand des jeweiligen Kindes anzupassen. Sicherlich ist es dir schon passiert, dass Kinder über ein Thema sehr viel wissen, und echte junge Experten sind, weil es sie ganz besonders interessiert. Dann freuen sie sich natürlich, wenn sie dieses Wissen auch voller Stolz zeigen können.

Das System unserer Spezialabzeichen ist auch als Hilfe gedacht, um jedes Kind individuell zu fördern. Dabei sollen die WiWö ermutigt werden, vorhandene Fertigkeiten und Interessen zu entwickeln und neue herauszufinden. Die WiWö sollen die Entscheidung zu einem "Spezi" aber unbedingt selbst treffen. Das Büchlein ist ganz darauf abgestimmt, dass die WiWö selbst entscheiden können, welche Dinge sie vertiefen oder kennen lernen wollen. Durch diese Beschäftigung mit ganz persönlichen Interessen steigt ihr Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen, ganz besonders wenn sie durch die Verleihung des entsprechenden Abzeichens noch "geehrt" werden.

Das System sieht vor, dass deine WiWö erst nach dem 1. Stern mit den Spezialabzeichen beginnen, bis zur Verleihung des 2. Sternes höchstens zwei Spezialabzeichen erhalten, und die restlichen danach. Sie sollen zuerst an ihrer "Grundausbildung" arbeiten, bevor sie sich zum Spezialisten oder zur Spezialistin entwickeln. Den Weg zum 2. Stern sollen alle Kinder so rechtzeitig schaffen können, dass danach noch genügend Zeit für "Spezis" bleibt.

Für besonders eifrige WiWö gibt es besondere Auszeichnungen, die das Interesse an der Weiterarbeit wecken sollen:

  • Tausendsassa: Hat den zweiten Stern und vier Spezialabzeichen aus verschiedenen Schwerpunkten
  • SpezialistIn: Hat den zweiten Stern und vier Spezialabzeichen vom gleichen Schwerpunkt
  • Tanzendes Wichtel/Springender Wolf: Hat den zweiten Stern, mindestens vier Spezialabzeichen und ist mit dem eigenen Verhalten Vorbild für alle anderen WiWö. Die Bewertung liegt in deinem Ermessen, es gibt dafür keine Richtlinien


Der LeiterInnenbehelf "So gut ich kann"

Der LeiterInnenbehelf besteht aus zwei Teilen, dem allgemeinen Teil A, in dem alle Themen vorkommen, die bei deiner Arbeit mit WiWö wichtig ist. Diese Themen sind so dargestellt, wie nach Meinung des "Bundesarbeitskreises WiWö" (VertreterInnen aus allen Landesverbänden) gute WiWö-Arbeit sein soll. Im Methoden- oder auch Praxisteil B findest du eine Menge konkreter Anregungen für dich und deine WiWö. Die Methoden sind eine Summe von Vorschlägen, die aus allen Bundesländern gesammelt wurden, sind als Anregung gedacht, und sollen deine Methodenfreiheit keinesfalls einschränken.

Der LeiterInnenbehelf wurde in "loser Blattform" gestaltet, damit du sie in deine persönliche Mappe einheften und mit deinen Ideen ergänzen kannst. Der Behelf ist genauso wie die anderen Arbeitsmaterialien nach den 8 Schwerpunkten aufgebaut mit Griffleisten, um die Schwerpunkte oder wichtige Themen rasch zu finden. Bei der Erstellung wurde auf die Ausgewogenheit der Schwerpunkte sowie von Herz-Hirn-Hand geachtet.

Der Behelf enthält außerdem einen Index, der es dir ermöglicht, rasch dein Interessensgebiet zu finden. Dort gibt es auch wichtige Adressen und ein Verzeichnis der Kopiervorlagen, die im Behelf enthalten sind.

  • Teil B, Methodenteil erschien 1999 und wurde am BuLeiLa in Salzburg präsentiert
  • Teil A, Theorieteil erschien 2002 und wurde am BuLeiLa im Burgenland präsentiert


Das Erprobungssystem als Gesamtkonzept

Unter Erprobungssystem verstehen wir das Gesamtkonzept der kleinen Schritte durch das WiWö-Leben, die jedes Kind machen soll, um das Stufenziel zu erreichen.

Ein kleines Beispiel:"Ich kenne einige Bodenzeichen und kann einer Spur folgen." Das ist ein Erprobungspunkt, ein einfacher Satz, in dem einfach ein Teilziel beschrieben wird auf dem langen Weg durch die WiWö-Zeit. Gleichzeitig sagt dir dieser Satz aber genau, was deine WiWö können oder erlebt haben sollen und was du somit im Programm einbauen sollst. Und noch etwas: Das Konzept wurde so erarbeitet, dass es auf alle Schwerpunkte (und ihre Ziele) gleichermaßen Rücksicht nimmt und du dich darum nicht mehr zu kümmern brauchst.

Im Erprobungssystem findest du also alle jene Inhalte, die dazu nötig sind, dass ein WiWö das Stufenziel mit großer Wahrscheinlichkeit erreicht.

Natürlich ist es nicht sinnvoll, alles gleichzeitig zu lernen. Darum ist das Erprobungssystem in den Weg zum Versprechen, den Weg zum ersten und zweiten Stern und den Spezialabzeichen aufgeteilt. Diese vier Teile bauen aufeinander auf.

Auch auf die ganzheitliche Erziehung nimmt das Erprobungssystem Rücksicht. Von den Schlagwörtern Herz – Hirn – Hand hast du ja schon gehört. Du erkennst das auch an den Formulierungen:

  • "Ich mag/habe erlebt ..." verweist auf das Herz
  • "Ich weiß ..." verweist auf das Hirn
  • "Ich kann ..." verweist auf die Hand


Der Weg durch das WiWö-Leben

Ein neues Kind soll möglichst sofort überall mitmachen. Nach einem herzlichen Willkommen geht’s gleich los! Der Sinn dahinter ist, dass der erste Kontakt über diese lustige, aufregende Gemeinschaft laufen soll, die interessante Sachen macht. Gerade in der Anfangszeit sollte besonders auf die neuen Kinder geachtet werden.

Wenn sich das Kind etwas eingelebt hat, dann beginnt die "Vorstellzeit" - der Weg zum Versprechen. Hier soll das Kind die Gemeinschaft und ihre Regeln kennenlernen und Vertrauen gewinnen. Hier begegnet es zum ersten Mal dem Kinderbuch "Der Wichtel- Wölflingsweg". Die ersten Seiten "Dein Weg zum Versprechen", haben jeweils ein buntes Eckerl. Diese Eckerl können zu einem Bild auf der Versprechensurkunde zusammenklebt werden – und zwar immer dann, wenn das Kind die jeweilige Aufgabe erfüllt hat oder wenn ihm etwas erklärt wurde. Nach Abschluss der Versprechensvorbereitung und mindestens drei Monaten in der Gemeinschaft der Meute/des Volkes kann das Kind das Versprechen geben. Das geschieht in einer feierlichen Zeremonie.

Mit dem Weg zum ersten Stern beginnt die inhaltliche Arbeit. Das Kind bekommt seine erste Erprobungskarte und erhält somit einen Überblick über das, was es in nächster Zeit erwarten wird. Nach dem nächsten halben Jahr kann das Kind den 1. Stern verliehen bekommen. Auch das geschieht in einer Zeremonie. Anschließend besteht die Möglichkeit, zwei Spezialabzeichen zu machen. Diese Beschränkung rührt daher, dass das Kind erst einmal seine allgemeine Ausbildung (den Weg zum zweiten Stern) abschließen soll, bevor es sich weiter spezialisiert.

Im Weg zum zweiten Stern wird die inhaltliche Arbeit vertieft – dafür gibt es wieder eine neue Erprobungskarte. Nach frühestens einem weiteren halben Jahr folgt die Verleihung des 2. Sterns.

Nun können mit den Spezialabzeichen die individuellen Fähigkeiten des Kindes gefördert werden. Dazu gibt es ein – speziell an die Kinder gerichtetes - Büchlein "Unsere Spezialabzeichen". Besondere Auszeichnungen (Tausendsassa, SpezialistIn, Tanzendes Wichtel/Springender Wolf) sollen das Interesse am Weiterarbeiten wecken.

Mit ungefähr 10 Jahren – meist mit dem Schulaustritt aus der Volksschule – werden die WiWö zu den Guides/Spähern überstellt. Diese Überstellung soll ein klarer Abschlusspunkt für die WiWö-Zeit und daher gut vorbereitet sein, um den WiWö die Angst vor dem Wechsel in die andere Stufe zu nehmen.


Individuell auf jedes Kind abgestimmte Erprobungen

Natürlich sind alle Kinder verschieden! Jedes Kind ist eine eigene kleine Persönlichkeit und jedes Kind ist anders. Trotzdem gibt es eine allgemeine Tendenz in der Entwicklung eines Kindes und darauf baut das Erprobungssystem auf. Die Erfahrungen, die ein Kind macht und der Fortschritt in seinem Weg durch das WiWö-Leben sind grundsätzlich aber ganz individuell, auch wenn das Programm im Volk/in der Meute passiert.

In deiner Verantwortung liegt es nun

  • den jeweiligen persönlichen (Fort-)Schritt zu beurteilen, der bei jedem Kind ganz wo anders liegen kann
  • die Kinder als "Fachleute" einzubeziehen, denn sie können selbst am besten beurteilen, was sie wissen/nicht wissen, was sie fühlen, was sie freut oder was ihnen Angst macht, was sie schon können oder noch üben wollen
  • die Kinder weder zu viel noch zu wenig zu fordern, weil sie sonst das Interesse und die Motivation verlieren
  • dein Programm so auszulegen, dass trotzdem jedes Kind den zweiten Stern erreichen kann

Das erfordert persönlichen Einsatz, Zeit und Geduld und ein Eingehen auf jedes einzelne Kind.

Sollten eure Kinder innerhalb der Ringe und Rudel altersmäßig gemischt sein, so bietet es sich hin und wieder an, die Ringe und Rudel aufzulösen und Kleingruppen von WiWö zu bilden, die ungefähr "gleich weit" auf ihrem WiWö-Weg sind. Du kannst dann viel leichter Inhalte vom Versprechen, dem ersten und zweiten Stern gleichzeitig in dein Programm einbauen. Im Idealfall kannst du das Programm so abstimmen, dass sich die Kleingruppen ergänzen – z.B. die WiWö auf dem Weg zum ersten Stern bereiten ein Theaterstück vor, aus dessen Inhalt die WiWö auf dem Weg zum Versprechen etwas Neues lernen. Die WiWö auf dem Weg zum zweiten Stern gestalten dazu die Dekorationen und/oder führen Regie. Voraussetzung dazu ist natürlich, dass jede Kleingruppe einzeln betreut werden kann. Solltet ihr dazu nicht genug Personen im Leitungsteam haben, könnt ihr euch ja vielleicht mal jemanden extra dafür einladen.

Das System unserer Spezialabzeichen ist auch als Hilfe gedacht, um jedes Kind individuell zu fördern. Dabei sollen die WiWö ermutigt werden, vorhandene Fertigkeiten und Interessen zu entwickeln und neue herauszufinden. Die WiWö sollen die Entscheidung zu einem "Spezi" aber unbedingt selbst treffen. Das entsprechende Büchlein ist ganz darauf abgestimmt, dass die WiWö selbst entscheiden können, welche Dinge sie vertiefen oder kennen lernen wollen. Durch diese Beschäftigung mit ganz persönlichen Interessen steigt ihr Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen, ganz besonders wenn sie durch die Verleihung des entsprechenden Abzeichens noch "geehrt" werden.

Das Erprobungssystem bietet also jedem Kind die Möglichkeit

  • im Rahmen seiner Fähigkeiten weiterzukommen (Versprechen, 1.Stern, 2.Stern)
  • individuell gestaltete Erprobungen in einem thematisch weit verzweigtem Rahmen abzulegen (8 Schwerpunkte)
  • seine besonderen Interessen und Fähigkeiten zu nützen und zu beweisen (Spezialabzeichen).


Das "offizielle" Erprobungssystem – ein Muss?

Immer wieder werden wir im Bundesverband darauf angesprochen, ob sich alle WiWö-LeiterInnen an das "offizielle" Erprobungssystem halten müssen.

Grundsätzlich sehen wir das Erprobungssystem der WiWö als Vorschlagkonzept – für dich als Hilfe und Unterstützung - um das Stufenziel zu erreichen. Viele Leute aus vielen Bundesländern haben daran gearbeitet und all ihre Erfahrung und ihr Wissen einfließen lassen. Wie du gesehen hast, berücksichtigt es alle Schwerpunkte gleichermaßen und garantiert eine ganzheitliche Erziehung. Ein Vorschlag beinhaltet aber automatisch, dass du natürlich die Möglichkeit hast ein eigenes, individuelles Erprobungssystem für deine WiWö zu entwickeln. Wir glauben aber, dass das einen immensen Aufwand bedeuten würde, alle oben genannten Punkte zu bedenken und dass es wirklich nicht notwendig ist, das "Rad immer wieder neu zu erfinden", wenn es ein gutes und funktionierendes System gibt. Außerdem braucht es ja schon genug Zeit in der WiWö-Arbeit immer wieder neue, fetzige, kreative Methoden zu entwickeln.

Wir wissen, dass es gruppenindividuelle Erprobungskarten gibt und akzeptieren diese solange sie sich am Stufenziel, den 8 Schwerpunkten und einer ganzheitlichen Erziehung orientieren. Falls du ein solches verwendest, überprüfe doch bitte, ob es all diesen Kriterien entspricht.


Umsetzung des Erprobungssystems

Der Grundgedanke des Erprobungssystems ist eigentlich ganz einfach: Du sollst den WiWö die Gelegenheit bieten, alle Erprobungspunkte, die ihnen fehlen "ablegen" zu können, d.h. alle diese Inhalte müssen in das Programm (der Heimstunden und Aktivitäten oder des Lagers) eingebaut werden. Dass das auch bei jedem Erprobungspunkt wirklich möglich ist, zeigt dir Teil B des LeiterInnenbehelfs "So gut ich kann". Er besteht aus konkreten Vorschlägen, wie du den jeweiligen Erprobungspunkt in die Praxis umsetzen kannst. Das ist besonders am Anfang nicht leicht. Wie du grundsätzlich längerfristig planst, erfährst du im Kapitel "Das Erprobungssystem - zielorientierte Planung" des LeiterInnenbehelfs Teil A.

Grundsätzlich gilt

  • Alles, wo WiWö persönlich einen Standpunkt beziehen oder Gefühle entwickeln sollen, müssen sie erlebt haben (Herz)
  • Alles, was sie wissen sollen, müssen sie erfahren haben (Hirn)
  • Alles, was sie können sollen, müssen sie ausprobieren und üben können (Hand)

Wenn du das berücksichtigst, arbeitest du ganz nach dem PfadfinderInnengrundsatz "learning by doing".

Kinder haben es gerne, wenn ...

  • ein Klima herrscht, das durch Offenheit, Verständnis und gegenseitige Achtung gekennzeichnet ist
  • Lernen spielerisch passiert
  • sie sich so viel wie möglich aktiv beteiligen können
  • möglichst viele Sinne angesprochen werden
  • du viele verschiedene Methoden verwendest
  • Lernschritte in kleinen, logisch aufeinander folgenden Einheiten aufgebaut sind
  • sie neue Information mit Bekanntem und mit vorhandener Erfahrung verknüpfen können
  • sie herausgefordert werden. Wenn sie unterfordert sind, wird ihnen nämlich langweilig, bei Überforderung verlieren sie überhaupt das Interesse
  • sie sich in Geschichten hineinversetzen können

Darum vermeide, wenn möglich ...

  • lange Vorträge, weil Kinder sich nicht lange konzentrieren können
  • Methoden des "klassischen Schulunterrichts" wie Diktate, Hausaufgaben oder Prüfungen


Überprüfung des Erprobungssystems

Manche Erprobungspunkte sind schon dadurch "erledigt", dass die WiWö am gemeinsamen Programm einfach teilnehmen. Notiere dir das am Ende der jeweiligen Aktivität, damit du es den Kindern bei Gelegenheit in ihrer Erprobungskarte bestätigen kannst. (Sie sind dann oft ganz überrascht, was sie in der Zwischenzeit alles "abgelegt" haben.) Manche Dinge musst du mit den Kindern sicher mehrmals üben und wiederholen, damit du es unterschreiben kannst.

Grundsätzlich bewertest du mit deiner Bestätigung meist eine unmessbare Größe. Wissensinhalte mit Tests oder durch Abfragen zu prüfen ist dem PfadfinderInnengedanken völlig fremd. Die einzige Ausnahme stellen "spielerische Überprüfungen" dar – du verpackst die Erprobung in ein Spiel und kannst damit sehen, wer schon was kann.

Es geht nämlich vor allem darum, die persönliche Entwicklung des Kindes zu bewerten bzw. einzuschätzen. Das ist aber sicher ein ganz individueller Prozess, der für jedes Kind anders aussieht.

Das meiste, was du beurteilen sollst, wirst du also durch genaue Beobachtung und Einschätzung erkennen müssen – und das ist etwas, was ständig passieren soll. Ziehe bitte keine Schlüsse aus Einzelaktionen, die zufällig sein können. Um gute Wertungen über andere Menschen abgeben zu können, müssen wir sie gut kennen, ihnen zuschauen, ihnen zuhören und mit ihnen eine Beziehung aufbauen.

Beobachtung braucht Zeit und Geduld. Gib deinen WiWö die Chance, sich in einer stressfreien Umgebung zu bewegen, wo sie Zeit zum Reden haben und du Zeit zum Zuhören hast.

Das wiederum braucht das entsprechende "Umfeld": Schaffe eine gute Atmosphäre, einen angstfreien Raum, wo auch Fehler passieren dürfen. Biete deinen Kindern ein interessantes Programm als Anregung zum Mitmachen. Versuche, eine gute Beziehung zu deinen WiWö aufzubauen, damit sie auch Vertrauen zu dir haben.

Bewerten und einschätzen heißt aber auch Begleiten, Unterstützen, Ermutigen und Korrigieren. Sage das Richtige zum richtigen Zeitpunkt. Begegne den WiWö mit Respekt und erspare dir negative Kritik oder gar Spott. Wenn du ihr Selbstbewusstsein stärken willst, funktioniert das wesentlich besser, indem du sie lobst bzw. Fehler möglichst sachlich aufzeigst.

Bedenke immer, dass es ein Privileg ist, ein Kind auf seinem Entwicklungsprozess zu begleiten und dass du damit Verantwortung für deine WiWö übernimmst.

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