Pädagogische Umsetzung

Die Pfadfinder*innenmethode

Die Pfadfinder*innenmethode besteht aus den folgenden sieben Elementen, die gleichwertig sind und sich wechselseitig ergänzen:  

Gesetz und Versprechen

Learning by Doing

Teamsystem

Symbolischer Rahmen

Lebensraum Natur

Persönliche Weiterentwicklung und

Unterstützung durch Erwachsene.

Gesetz und Versprechen

Gesetz und Versprechen stellen auf der einen Seite Methoden dar, sich mit den Werten der Pfadfinder*innen auseinanderzusetzen und nach ihnen zu leben.

Das Pfadfinder*innengesetz ist aber auch eine persönliche Leitlinie für das Leben jeder einzelnen Pfadfinderin und jedes Pfadfinders. Es bietet einen praktischen Zugang für Kinder und Jugendliche, die Werte der Pfadfinder*innen als Basis für das eigene Leben zu verstehen. Du findest das Pfadfinder*innengesetz der Stufen in der Verbandsordnung unter 1. Grundsätze/ 1.5 Unser Pfadfinder*innengesetz.

Das Pfadfinder*innenversprechen ist eine persönliche, freiwillige Entscheidung, bestmöglich nach diesen grundlegenden Werten zu leben. Es ist der Entschluss, zur Gemeinschaft der Pfadfinder*innen gehören zu wollen, und das Bekenntnis zu den Grundprinzipien der Weltpfadfinder*innenbewegung. Das Pfadfinder*innenversprechen ist der erste symbolische Schritt, Verantwortung für die eigene persönliche Weiterentwicklung im Sinne der Pfadfinder*innenmethode zu übernehmen. Du findest das Pfadfinder*innenversprechen der Stufen in der Verbandsordnung unter 1. Grundsätze/ 1.4 Unser Pfadfinder*innenversprechen.

Learning by Doing

Alle Erfahrungen und Erlebnisse, die Kinder und Jugendliche machen, passieren dadurch, dass sie selbst tun, selbst erleben, selbst ausprobieren. Learning by Doing bedeutet, sich aufgrund selbst gemachter Erfahrungen weiter zu entwickeln und so auf aktive Art und Weise Wissen, Fähigkeiten und Haltungen zu erwerben. Dabei geben wir den Kindern und Jugendlichen auch die Chance, aus ihren Fehlern lernen zu können.

Wir helfen jungen Menschen dabei, sich in allen Dimensionen ihrer Persönlichkeit zu entwickeln, indem sie selbst Erfahrungen machen und daraus genau das mitnehmen können, was für sie persönlich wichtig ist.

Teamsystem

Kinder und Jugendliche arbeiten nicht allein an ihrer persönlichen Entwicklung, sondern lernen auch von und mit Gleichaltrigen, indem sie Verantwortung übernehmen, sich Aufgaben aufteilen und Entscheidungen gemeinsam treffen und tragen.

Das Teamsystem ist die grundlegende organisatorische Struktur einer Altersstufe innerhalb einer Pfadfinder*innengruppe, die aus kleineren Gruppen von Kindern oder Jugendlichen besteht und von Erwachsenen geleitet wird. Auch als Kleingruppensystem bezeichnet basiert es vorwiegend auf den Sozialformen der Peer Group oder der Interessensgruppe.

Innerhalb jedes Teams organisieren die Mitglieder ihr Leben in der Kleingruppe im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Fähigkeiten selbst. Sie übernehmen Verantwortung, teilen sich Aufgaben, entscheiden über Aktivitäten, organisieren sie, führen sie durch und reflektieren sie.

Symbolischer Rahmen

Der symbolische Rahmen stimuliert die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen durch Förderung von Kreativität und Einfallsreichtum. Der symbolische Rahmen der PfadfinderInnen besteht aus einer Reihe von Geschichten, Symbolen, Traditionen und Ritualen, die wir im Rahmen des Programmangebots der jeweiligen Altersstufe einsetzen.

Er hilft den Kindern und Jugendlichen dabei, sich mit unseren grundlegenden Werten zu identifizieren, bietet Raum für das Ausprobieren neuer Rollen und Möglichkeiten und fördert den Zusammenhalt und die Verbundenheit innerhalb der Gruppe.

Lebensraum Natur

Schon immer nutzten wir den Lebensraum Natur für Lernerfahrungen – er bietet viele Möglichkeiten für die Entwicklung der Potenziale junger Menschen in physischer, intellektueller, emotionaler, sozialer und spiritueller Hinsicht. Daher sollten die meisten Pfadinder*innen-Aktivitäten in einer natürlichen Umwelt stattfinden – sie ist die ideale Umgebung für die Anwendung der Pfadfinder*innenmethode.

Persönliche Weiterentwicklung

Persönliche Weiterentwicklung bedeutet, dass sich Kinder und Jugendliche persönliche Ziele stecken und immer wieder Neues ausprobieren, das sie dann in die Gemeinschaft einbringen. Das Prinzip der persönlichen Entwicklung hilft jungen Menschen dabei, ihre innere Motivation zu entdecken, sich an der eigenen Entwicklung bewusst und aktiv zu beteiligen.

Es ermöglicht ihnen, individuell auf ihre eigene Art und Weise und in der für sie passenden Intensität an den eigenen Entwicklungsaufgaben zu arbeiten und den gemachten Fortschritt selbst zu erkennen. Es bietet einen Rahmen für die Anerkennung und das Feiern der erzielten Erfolge innerhalb der Gemeinschaft und fördert ihr Selbstvertrauen. Ein wichtiges Werkzeug dafür ist das Erprobungssystem.

Unterstützung durch Erwachsene

Die Unterstützung junger Menschen beinhaltet drei wesentliche Aufgaben, die Erwachsene in der Pfadfinder*innengruppe erfüllen:

  1. Diese Leiter*innen begleiten die Gruppe bei ihren Aufgaben und sind verantwortlich dafür, dass die Gruppe Zugang zur notwendigen methodischen Unterstützung und Erfahrung bekommt, wann und wo immer sie das braucht.
  2. Die Leiter*innen unterstützen direkt den Prozess der eigenverantwortlichen Weiterentwicklung und ermöglichen, dass Erfahrungen, die junge Menschen machen, in die Entwicklung ihres Wissens, ihrer Fähigkeiten und ihrer Haltungen einfließen.
  3. Die Leiter*innen achten darauf, dass die Beziehungen der Gruppenmitglieder untereinander positiv und für alle bereichernd sind, dass die Gruppe eine attraktive Lernumgebung bietet und sich dadurch weiterentwickelt.

Das Programm

Wir bieten für jede Altersstufe ein spezifisches Programmangebot, dessen Aktivitäten gemäß der Pfadfinder*innenmethode umgesetzt werden und das über alle Stufen gesehen dazu beiträgt, unseren pädagogischen Auftrag zu erfüllen.

Das Prinzip der Ganzheitlichkeit

Ganzheitlichkeit hat drei grundlegende Aspekte:

  1. Wir arbeiten ganzheitlich mit einem über die Themen unserer acht Schwerpunkte ausgewogenen Programm.
  2. Wir arbeiten ganzheitlich in den Methoden, und sprechen dadurch alle Sinne und den Verstand an (lernen mit "Herz, Hirn und Hand").
  3. Wir fördern die ganzheitliche Entwicklung in allen Dimensionen der Persönlichkeit eines Menschen, und ermöglichen so den Kindern und Jugendlichen ihr volles physisches, intellektuelles, emotionales, soziales und spirituelles Potenzial, d.h. ihren Charakter, zu entfalten.

Die Methoden der Stufen

Dabei handelt es sich um eine Sammlung von Methoden jeder Altersstufe, die eine altersgemäße Umsetzung der Pfadfinder*innenmethode und/oder Entwicklungsaufgaben unterstützen. Eine nähere Erläuterung dieser einzelnen Methoden und Begrifflichkeiten findet sich in den gültigen Arbeitsbehelfen der jeweiligen Altersstufen.

Die Sozialformen

Unterschiedliche Sozialformen ermöglichen verschiedene soziale Interaktionen und bieten damit vielfältige Möglichkeiten um zu lernen. Die Bearbeitung der eigenen Entwicklungsaufgaben erfordert, dass Kinder und Jugendliche unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit erleben und die sie umgebenden sozialen Systeme, das Umfeld in dem sie handeln und kommunizieren, schrittweise mitgestalten können. Dabei werden sie vom erwachsenen Leitungsteam unterstützt.

Vor diesem Hintergrund kommen vor allem folgende Sozialformen zum Einsatz:

  • Individuum (die Einzelperson)
  • Kleingruppe
    • Peer Group (eine auf Dauer angelegte Kleingruppe)
    • Interessensgruppe (eine anlassbezogene Kleingruppe)
  • Großgruppe (die große Gemeinschaft, die sich unter Umständen aus mehreren Peer Groups zusammensetzt)

Die Auswahl von Sozialformen zur altersgemäßen Umsetzung der Pfadfinder*innenmethode erfolgt bewusst und zielgerichtet. Generell kommt jede Sozialform in jeder Altersstufe zum Einsatz, jedoch in unterschiedlicher Intensität und Häufigkeit.

Besonderen Stellenwert in der Entwicklung hat die Kleingruppe, dabei vor allem die Interessensgruppe und die Peer Group. Letztere bezeichnet ein soziales System, das sich je nach Altersstufe aus etwa vier bis zwölf Kindern oder Jugendlichen ähnlichen Alters zusammensetzt und deren freiwillige Mitglieder ein freundschaftliches, gleichrangiges Verhältnis verbindet. Eine Peer Group ist selbstbestimmt – ihre Mitglieder erproben in ihr soziale Verhaltensweisen und erfahren den Übergang in das Erwachsensein in einem geschützten Rahmen, in dem sie auch ihre Grenzen austesten können. Die Interessensgruppe bezeichnet eine Kleingruppe, die auf ein Thema bezogen ist und durch gemeinsame Interessen ihrer Mitglieder entsteht.

Das Erprobungssystem

Das Erprobungssystem ist ein Werkzeug zur Verwirklichung des Prinzips der persönlichen Weiterentwicklung auf eine möglichst partizipative Weise. Es bietet eine Struktur, in der Kinder und Jugendliche die Verantwortung für die eigene Entwicklung nach altersgemäßer Selbständigkeit übernehmen können. Dabei werden sie in der Erfüllung ihrer Aufgaben von Erwachsenen unterstützt und begleitet.

Geschlechterbezogenes Arbeiten

Geschlechterbezogenes Arbeiten bedeutet, Möglichkeiten zu schaffen, die eigene Geschlechtsidentität im Rahmen der Bearbeitung der Entwicklungsaufgaben entdecken und entwickeln zu können.

Geschlechtsidentität bezeichnet die innere Überzeugung, einem Geschlecht anzugehören. Für Erwachsene heißt das, sich der eigenen Vorbildfunktion bewusst zu sein und sowohl sozial konstruierte Rollenbilder als auch das eigene Rollenverhalten immer wieder kritisch zu hinterfragen. Für dieses bewusste Vorleben vielfältiger Rollenbilder ist es notwendig, über ein Leitungsteam mit AnsprechpartnerInnen beider Geschlechter zu verfügen.

Geschlechterbezogenes Arbeiten umfasst drei wesentliche Handlungsaufträge:

  1. "Geschlechtergerecht" agieren: Wir schaffen gleiche Möglichkeiten und Chancen für beide Geschlechter und pflegen den partnerschaftlichen Umgang zwischen den Geschlechtern.
  2. "Geschlechtsspezifisch" agieren: Wir gehen auf die Bedürfnisse von Mädchen und Buben gleichermaßen ein und bieten ihnen unterschiedliches Programm, um den verschiedenen Lebenswelten von Mädchen und Buben gerecht zu werden. Dem Prinzip der Ganzheitlichkeit folgend wird das den Kindern und Jugendlichen sowohl in koedukativen Umwelten als auch in Freiräumen mit getrennt geschlechtlichen Aktivitäten ermöglicht.
  3. "Genderkritisch" agieren: Wir befähigen Kinder und Jugendliche, sozial konstruierte Geschlechterrollen zu erkennen, zu hinterfragen und die eigene Geschlechterrolle auszubilden.

Partizipation

Mitbestimmung bedeutet, dass Kinder und Jugendliche bei Themen, die für sie relevant sind, mitsprechen können und bei Entscheidungen, welche ihr Leben betreffen, mitgestalten können. Erwachsene unterstützen sie bei der Entwicklung der dazu nötigen Fähigkeiten und etablieren einen methodischen und organisatorischen Rahmen, der altersgemäße Partizipation ermöglicht. Gelungene Partizipation ist freiwillig, herausfordernd und macht Spaß.

Kindern und Jugendlichen wird einerseits so viel Verantwortung überlassen und andererseits so viel Unterstützung geboten, dass sie Schritt für Schritt lernen, gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Sie erwerben dadurch wichtige soziale Kompetenzen: Partizipation stärkt ihre Eigenverantwortung, leistet einen wesentlichen Beitrag zur Bearbeitung ihrer Entwicklungsaufgaben und motiviert sie, ihre Lebenswelt aktiv und eigeninitiativ mitzugestalten. Kindern und Jugendlichen soll bewusst werden, dass sie selbst entscheiden und dass ihre Entscheidungen ernst genommen und umgesetzt werden.

Qualitätsmanagement

Die Qualität unserer pädagogischen Arbeit wird durch regelmäßige Evaluationen sowie durch systematische Weiterentwicklung des Programms und seiner Anpassungen an gesellschaftliche Gegebenheiten sichergestellt. Durch den wiederholten Kreislauf von Evaluation und das Einfließenlassen der Ergebnisse soll ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess gewährleistet sein. Basis dafür sind die universellen Grundsätze und Methoden der weltweiten Pfadfinder*innenbewegung.

Eine anerkannte und österreichweit einheitliche Ausbildung der JugendleiterInnen garantiert die Umsetzung dieser Konzepte in den jeweiligen Pfadfinder*innengruppen.